Climate change

in our heads

Ever heard of the phenomenon of "present preference"? It describes how today is always more important to us than our tomorrow - which also explains why sustainability communication often remains unsuccessful. European politicians are now trying to outsmart this thinking error, at least when it comes to climate protection.

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Warum tun wir uns eigentlich so schwer, den Klimawandel in den Griff zu kriegen?

Wieso bauen wir Wirtschaft und Leben nicht um, obwohl klar ist, dass Nichtstun heute uns spätestens übermorgen verdammt teuer kommen wird? Und weshalb verhallen die meisten Appelle zum Klimaschutz ungehört?

Für Daniel Gilbert, Psychologe an der Harvard-Universität, liegt ein wesentlicher Grund in unseren Homo sapiens-Hirnen. „Wir sind die Nachfahren von Leuten, die jagten und sammelten, deren Leben kurz war und für die ein Mann mit Stock die größte Gefahr darstellte“, so Gilbert. „Wenn Terroristen angreifen, reagieren wir mit aller Gewalt und Entschlossenheit, genau wie unsere Vorfahren es getan hätten.“ Leider aber trage der Klimakollaps keinen Sprenggürtel, er habe es auch nicht direkt auf uns abgesehen – was schade sei, „denn wenn die Erderwärmung eine Waffe wäre, die irgendein fieser Diktator gegen uns richtet, würden wir natürlich mit aller Macht dagegen Krieg führen.“

Warum wir untätig bleiben

Der Klimawandel aber ist abstrakt, er begegnet uns in Gestalt vager wissenschaftlicher Voraussagen voller Konjunktive, die sich auf eine ferne Zukunft beziehen. Der Klimawandel ist damit alles Mögliche, nur eines nicht: emotional. „Un-emotional“ aber übersetzt unser Unbewusstes automatisch in „unwichtig“. Und weil das so ist, treffen wir die riskanteste aller Entscheidungen – nämlich die, so gut wie gar nichts zu unternehmen.

Dabei ist längst bewiesen, dass die astronomischen Summen, die wir jetzt in den klimafreundlichen Umbau unserer Wirtschaft stecken müssten, durch die sehr viel astronomischeren Schäden übertroffen würden, die entstehen, wenn wir es nicht tun. Warum wir dennoch zögern? Die Volkswirtschaftslehre hat dafür das Konzept der “Gegenwartspräferenz” geformt. Es beschreibt den Umstand, dass uns das Heute stets wichtiger ist als das Morgen. Wenn wir die Wahl haben, etwas jetzt oder in Zukunft zu konsumieren, konsumieren wir lieber jetzt.

Wie die EU uns austrickst

Auch zwischen den Kosten, die heute für Klimaschutz anstehen und jenen, die irgendwann später auf uns zukommen, haben wir eine Gegenwartspräferenz. Schließlich ist die Flugreise heute ein sicheres Vergnügen – die Hitzesommer und Überschwemmungen von Übermorgen aber ein mehr oder weniger abstraktes Zukunftsphänomen.

Lässt sich diesem allzu menschlichen Fehler beikommen? Mit ihrem Emissionshandel versucht es die Europäische Union gerade beim Klimaschutz. Im sogenannten Emission Trading System (ETS) muss für jede Tonne CO2, die irgendwo in der EU entsteht, ein Zertifikat gekauft werden. Spart eine Fabrik CO2 ein, indem sie von Gas auf Ökostrom umsteigt, kann sie ihre übrigen CO2-Zertifikate gewinnbringend verkaufen. Die Emissionen und damit das Klimaproblem von morgen kriegen damit heute einen Preis. Und weil die Zahl der ausgegebenen Zertifikate von Jahr zu Jahr sinkt, steigt ihr Preis.

Was morgen zählt

Kurz vor Jahreswechsel hat die EU diesem Erfolgssystem ein wichtiges Update verpasst. Erstens werden auch Straßen- und Schiffsverkehr sowie der Wärmesektor ins Handelssystem aufgenommen. Vor allem aber wird die Staatengemeinschaft ihre CO2-Zertifikate deutlich schneller verknappen als bislang vorgesehen. Dadurch wird der Preis des CO2-Ausstoßes steigen und sich eine Umrüstung auf sauberere Technologien noch schneller rechnen. Zweitens sollen auch Unternehmen, die im Ausland produzieren und ihre Waren nach Europa importieren, künftig einen CO2-Preis entrichten. Der “Carbon Border Adjustment Mechanism” (Cbam) soll vor allem verhindern, dass CO2-intensive Industrien ins Ausland abwandern.

Das Ganze ist ein ziemlich cleveres marktwirtschaftliches Instrument, um unsere menschliche Gegenwartspräferenz auszuhebeln. Indem die Europäische Union CO2-intensiven Produkten jetzt ein Preisschild anhängt, holt sie die Zukunft in unsere Gegenwart. Klimaschutz zahlt sich damit heute spürbar aus – auch für Lebewesen, deren Hirne sich in den letzten Zehntausend Jahren nur geringfügig verändert haben.



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Harald Willenbrock

Head of Concept & Content