Bewährtes beibehalten und neue Dinge wagen – INTERVIEW MIT OLIVER BIERHOFF

Wer Marktführer ist, möchte auch Marktführer bleiben – umso mehr, wenn Marktführerschaft bedeutet, Fußball-Weltmeister zu sein. Oliver Bierhoff, Manager der deutschen Fußball-Nationalmannschaft, erklärt, wie das DFB-Team seine Spitzenposition halten möchte und woher der DFB Anregungen für Innovationen bezieht.

Herr Bierhoff, Sie haben in den 90er Jahren lange Zeit in Italien gespielt. Stimmt das Klischee, der Fußball dort sei taktischer als hierzulande?

OB — Ja, die Italiener lieben es, sich mit Taktik zu beschäftigen. Das gilt für Spieler, Trainer wie auch für Fans. Für sie ist ein taktisch gut herausgespieltes 0:0 interessanter und schöner als ein Kantersieg, der durch taktische Fehler entstanden ist. Dementsprechend wird in allen Bereichen der Taktik viel mehr Bedeutung beigemessen.

Seit Ihrer Zeit als Spieler hat sich viel verändert, gerade im taktischen Bereich. Heute erhält der Trainer Unterstützung in Form von Spielanalysten und Statistikern. Welche Wege geht die Nationalmannschaft in diesem Bereich?

OB — Big Data wird auch im Fußball immer wichtiger. Wir nutzen die vielen Informationen nicht nur für die individuellere und detailliertere Analyse, sondern auch für die Trainingsgestaltung. Über eine Software, die wir mit unserem Partner SAP entwickelt haben, erhalten die Spieler ihr individuelles Feedback.

Sehen Sie hier noch Weiterentwicklungs-oder Optimierungspotenzial?

OB — An Optimierungen arbeiten wir immer und sie werden sich sicherlich mit der Erweiterung der technischen Möglichkeiten ergeben. Wichtig wird es am Ende sein, die vielen Daten und Informationen komprimiert und effizient den Entscheidungsträgern nahezubringen.

Das Trainerteam der Nationalmannschaft entwickelt die eigene Taktik immer weiter. Wie schwierig ist es, sich auch nach großen Erfolgen wie dem Weltmeistertitel neu zu erfinden?

OB — Man muss sich immer hinterfragen und darf nie glauben, dass man am Ziel angekommen ist. Letztendlich ist es ein Mix: Bewährtes beibehalten und neue Dinge wagen. Da unsere Arbeit ja ständig von der Öffentlichkeit bewertet wird, fehlt es eigentlich nie an Motivation, neue Dinge auszuprobieren.

Woher bezieht ein Fußballverband Anregungen, um die eigenen Prozesse zu optimieren?

OB — Da steckt noch viel Luft drin. Wir wollen zum Beispiel in unserer Akademie die Erfahrungen und das Wissen unserer starken Partner für unsere eigenen Prozesse nutzen. Ich bin ein Freund davon, immer wieder über den eigenen Geschäftsbereich und Tellerrand hinauszuschauen und von Außenstehenden mit anderen Denkprozessen inspiriert zu werden.

Mit der DFB-Akademie möchten Sie einen zentralen Ort schaffen für die Organisation des Verbandes sowie zur Weiterbildung von Trainern und Jugendnationalspielern. Welche Anreize erhofft sich der DFB von der Akademie?

OB – Wir wollen den Fußball weiterentwickeln und unsere Spitzenposition im Weltfußball weiter ausbauen. Der deutsche Fußball ist bestens organisiert, und in der Akademie wollen wir die Bereiche Nationalmannschaften, Ausbildung und Forschung so miteinander vernetzen, dass wir die Champions der kommenden Jahre ausbilden können. Der sportliche Erfolg unserer Mannschaften sichert auch die Einnahmen des Verbandes.

Das ganze Interview ist im STRICHPUNKT Magazin 2017 erschienen.