Gehirngerecht: Tobias Roppelt

Wie geht barrierefrei?

„Barrierefrei“ ist ein Begriff, der in den nächsten Monaten in Agenturen, Marketingabteilungen und Unternehmen überhaupt häufiger fallen wird. Denn zu Mitte 2025 tritt das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz in Kraft, das Unternehmen verpflichtet, ihre Websites und Shops zugänglicher zu gestalten.

 Das klingt erst einmal nach Arbeit (und ist es auch), birgt in Wirklichkeit aber eine gewaltige Chance. Denn barrierefrei bedeutet, dass im Idealfall jede und jeder die Angebote einer Marke nutzen, in Anspruch nehmen und auch kaufen kann – wenn man es denn richtig macht. Über das richtige Wie, Wo und Wann sprechen wir in dieser Episode mit dem Experience Designer Tobias Roppelt. Tobias schult und begleitet Kreative und Unternehmen, die ihre Touchpoints auf barrierefrei umschalten. Wer wissen will, wie barrierefrei funktioniert und welche Barrieren es zu beachten gilt: Hier hineinhören!   Für alle, die Barrierefreiheit anhand konkreter Beispiele erleben und mit Experten wie Tobias diskutieren wollen, sei unsere Online Session am 19. Februar empfohlen. Um 16 Uhr geht’s noch einmal detaillierter um die Idee und Umsetzung von Barrierefreiheit. Zusammen mit unserem Kunden BVG zeigen wir euch, wie’s funktioniert. Die Online Session ist für jede und jeden zugänglich. Hier geht’s zur Anmeldung: https://www.strichpunkt-design.de/de/feed/post/online-session-die-grosse-barrierefreiheit


Tobias: Wenn man sich auch überlegt, wieviel Geld teilweise Firmen in Conversion Rate Optimierung stecken um einfach nur 0,2 - 0,3% Uplift zu bekommen, was für eine riesige Gruppe an Menschen man eigentlich erreichen könnte, wenn man sich nur darum kümmern würde, dass eine Webseite barrierefrei ist, würde für die Conversion Rate einen massiven massiven uplift bringen eigentlich. Da hoffe ich auch noch nächstes Jahr, dass es da viel viel viel mehr Zahlen gibt, dass sich wirklich große Unternehmen da auch in ihren AB Tests mal darum kümmern, die Barrierefreiheit zu testen und dass wir da noch viel mehr Argumente kriegen nächstes Jahr um wirklich auch zu zeigen, dass es fürs Geschäft einen sehr positiven Einfluss haben kann, barrierefrei zu werden.

Harald: Barrierefreiheit ist ein Begriff, der in den nächsten Monaten in Agenturen, Marketingabteilungen und auch Unternehmen überhaupt häufiger fallen wird. Denn zu Mitte 2025 tritt das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz in Kraft, das Unternehmen verpflichtet, ihre digitalen Touchpoints zugänglicher zu gestalten. Das klingt natürlich erstmal nach Arbeit und ist es ehrlicherweise auch, birgt in Wirklichkeit aber eine gewaltige Chance. Denn, Barrierefrei bedeutet, dass im Idealfall jede und jeder die Angebote einer Marke nutzen, in Anspruch nehmen und auch kaufen kann, wenn man es denn richtig macht. Über das Richtige wie, wo und wann von Barrierefreiheit sprechen wir in dieser Episode mit dem Experience Designer Tobias Roppelt. Tobias schult und begleitet digitale, kreative Unternehmen, die ihre Touchpoints auf barrierefrei umschalten wollen. Wer wissen will, wie barrierefrei funktioniert und welche Barrieren es dabei zu beachten gilt, hier hineinhören.

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Harald: Tobias, ein Element von Barrierefreiheit ist ja die sogenannte einfache, also verständlichere Sprache. Kannst du in einfacher Sprache kurz erklären, worum es bei digitaler Barrierefreiheit eigentlich genau geht?

Tobias: Sehr gerne, ganz kurz gesagt in digitaler Barrierefreiheit, geht es darum, dass jeder Mensch die Fähigkeit hat, sich am digitalen Leben zu beteiligen, unabhängig seiner körperlichen oder geistigen Fähigkeiten. Das ist mal die Definition in der Nut Shell sozusagen. Warum das so ist und wer sich noch gar nicht mit Barrierefreiheit auskennt, es gibt eben in Deutschland circa 10% der Menschen, die eine Schwerbehinderung haben und diese 10% sind natürlich nicht alle darauf angewiesen, dass sie digital barrierefrei umgehen können. Es gibt Menschen, die im Rollstuhl sitzen, die natürlich jetzt nicht auf digitale Barrierefreiheit angewiesen sind. Aber eben Menschen, die blind sind, Menschen, die taub sind, Menschen, die eine Querschnittslähmung haben und so weiter. Die sind alle zum Beispiel auf sogenannte assistive Technologien angewiesen, dass sie einen Screen wieder benutzen müssen, um sich eine Webseite vorlesen zu lassen. Oder die vielleicht kleinste assistive Technologie, die man selber kennt und benutzt, ist eine Tastatur und tatsächlich eine Webseite mit der Tastatur zu benutzen ist grauenhaft, wenn ihr mal das versuchen wollt, ohne Maus euch einfach mit einer Tastatur auf einer Webseite zu bewegen, seid ihr ziemlich oft ziemlich verloren, deswegen sowas versucht man einfach mit der digitalen Barrierefreiheit zu verbessern, dass eben auch Menschen, die jetzt darauf angewiesen sind, eine Tastatur zu benutzen, wirklich die Möglichkeit haben, auch eine Webseite zu bedienen, was heutzutage eben ganz, ganz oft nicht funktioniert.

Harald: Du hast gerade erwähnt, ungefähr 10% der Menschen in Deutschland haben einen Schwerbehindertenstatus. Was für mich aber muss ich sagen, echte Augenöffnung im Moment war, als ich begann, mich mit dem Thema zu beschäftigen, war, dass Barrierefreiheit ja etwas ist, von dem jede und jeder profitiert und nicht nur die Menschen mit offensichtlichem oder Schwerbehindertenausweis, sagen wir mal so, weil fast jede und jeder im Laufe ihres Lebens Einschränkungen erfährt, wie ich zum Beispiel, trage neuerdings eine Brille, weil ich nicht mehr so gut sehen kann. Aber das ist so, das ist eigentlich das riesige Ding, dass Barrierefreiheit nicht bedeutet, man nimmt Rücksicht auf eine kleine Gruppe oder verhältnismäßig kleine Gruppe von Menschen, sondern man schafft damit etwas, was für jeden Zugänge eröffnet, richtig?

Tobias: Absolut. Es gibt so in der Barrierefreiheit die Aussage, dass für 10% der Menschen ist es eben unerlässlich, für 30% ist es wichtig und für 100% ist es hilfreich. Unter diese 30% fallen zum Beispiel Menschen, die eine rot-grüne Schwäche haben oder Menschen, die an starker Migräne leiden, zum Beispiel auch, die durch Animationen getriggert werden können. Und da gibt es ganz viel von Sachen, die man jetzt Beeinträchtigungen nennt, natürlich nicht Behinderung, aber für diese Personen ist es eben auch ganz, ganz wichtig und dann eben für die 100% gibt es immer wieder die Argumente von wenn man sich in starkem Sonnenschein befindet und die Webseite hat nicht den richtigen Kontrast und das, dann sieht man die Inhalte nicht so gut. Oder man ist in einer lauten Umgebung und hat seine Kopfhörer nicht dabei und wenn Sie sich ein Video anschauen, dann sind die Untertitel auch ganz hilfreich. Das sind so die klassischen Argumente dafür, ich finde es ganz spannend, ich war letzte Woche bei einem Kunden vor Ort und habe dort meine Folien über einen Beamer präsentiert und dieser Beamer war absolut grauenhaft was die Farbdarstellung angeht und er hat tatsächlich witzigerweise auf meinen Folien alles, was einen Kontrast von unter 3 zu 1 hatte, er hat er einfach nicht angezeigt, somit sind meine Beispiele noch klarer geworden, warum es problematisch ist, und das fand ich super schön als Beispiel, warum es hilfreich sein kann, die richtigen Kontraste einzuhalten, damit es auch auf schlechten Beamern funktioniert. Aber auch sehr spannend, Apple hat mit dem letzten Update auf dem IPhone mit eingeführt, dass wenn jemand eine Sprachnachricht schickt, dass diese automatisch in Text transkribiert wird und das finde ich absolut genial, weil ich so selten dazu komme, mir Sprachnachrichten anzuhören und super happy bin, wenn ich mir die als Text durchlesen kann, besonders auch wenn die Sprachnachricht 3 Minuten lang ist, dann habe ich in 3 Minuten wieder vergessen, was in Minute 1 gesagt wurde und deswegen ist es sehr, sehr hilfreich mir das als Text ausgeben zu lassen. Und das ist so ein schönes Feature, das die Idee von Barrierefreiheit sehr gut widerspiegelt. Es wurde wahrscheinlich nicht unbedingt nur mit der Barrierefreiheit im Hinterkopf entwickelt, aber in der Barrierefreiheit geht es ganz oft darum, dass man Elemente oder Inhalte für mehr als einen Sinn zugänglich macht. Und das ist dieses Feature, spiegelt es einfach so gut wieder, dass wenn ich es auditiv nicht wahrnehmen kann, aus dem Grund, weil ich einfach wirklich körperlich nicht kann oder weil mich meine Umstände daran hindern, habe ich jetzt die Möglichkeit, es mir auf andere Art und Weise visuell ausgeben zu lassen und das dann zu sehen. Und das ist eben wirklich ein Kernprinzip der Barrierefreiheit, wo man hoffentlich auch ganz schön sieht, wie das in vielen Bereichen des Lebens auch allen Menschen zugute kommen kann, egal ob sie jetzt eine Beeinträchtigung haben oder nicht.

Harald: Auf der Website deiner Agentur Gehirngerecht Digital las ich eine Zeit, die es ziemlich gut illustriert. Da wird eine Studie zitiert, das ⅔ aller Domains, die ihre Website digital barrierefrei gestaltet hatten, ihren organischen Traffic um, das war eine irre Zahl, bis zu 50% steigern konnten. Das heißt, einfach mehr Menschen konnten auf ihren Webseiten unterwegs sein, das heißt überhaupt ins Geschäft mit diesen Firmen kommen. Man muss also eigentlich fast, also jetzt gibt es ein Gesetz, aber es heißt ja eigentlich, man muss doof sein, wenn man es nicht, wenn man barrierefrei nicht umsetzt, oder?

Tobias: Definitiv, ist es. All das ist die Studie, die du gerade zitierst, oder auf die, die du dich referenzierst, die ist von SEMrush, ist zusammen mit Accessibility Checker gemacht worden und ging eben wirklich darum, dass man versucht hat, Webseiten zu optimieren, auf Barrierefreiheit und dann geschaut hat, ob das ein SEO uplift hat. Und das passiert eben ganz oft oder ist eben ein Argument für die Barrierefreiheit, deswegen, weil es in der Barrierefreiheit ganz viel darum geht, technisch saubere Webseiten zu erstellen. Umso eher sie mit gutem, nativen HTML gemacht wurden, HTML ist tatsächlich schon barrierefrei, seit Anbeginn seiner Zeit sind die Leute damit beschäftigt, das barrierefrei zu machen, und das funktioniert wahnsinnig gut. Ganz oft ist das Problem, dass eher die Köpfe der Menschen noch nicht so weit sind oder wir auf Crazy Ideen im Design und so weiter kommen und deswegen das Ganze nicht mehr barrierefrei machen, aber wenn man eigentlich sich wirklich an sauberes HTML halten würde und die Webseite so gut strukturiert mit richtigen Überschriften tags mit den richtigen HTML tags für die Radio Groups oder sonstiges, für seine Form fehlt, klar, dann würde das alles einfach für Stream wieder besser lesbar sein, aber auch eben für SEO Bots besser lesbar sein. SEO Crawler können dann einfach viel viel eher die Webseite verstehen, somit für das technische SEO ist Barrierefreiheit ein Traum, tatsächlich. Aber auch eben, wenn man nur davon ausgeht, wenn man jetzt wirklich konservativ denkt und sagt, von den 10% der Menschen, die auf eine Webseite kommen und sie jetzt oder die eine Schwerbehinderung haben, auch wenn es nur 3 bis 5% sind, die auf deine Webseite kommen, würden diese aber sofort wieder verlassen, also praktisch bouncen, weil sie deine Webseite nicht benutzen können, weil sie mit der Tastatur nicht benutzbar ist oder aus sonstigen Gründen, sie von deinem Cookie Banner schon blockiert werden tatsächlich und nicht weiterkommen, verliert man tatsächlich wahnsinnig wahnsinnig eine große Anzahl von Kunden. Wenn man sich auch überlegt, wieviel Geld teilweise Firmen in Conversion Rate Optimierung stecken um einfach nur 0,2 - 0,3% Uplift zu bekommen, was für eine riesige Gruppe an Menschen man eigentlich erreichen könnte, wenn man sich nur darum kümmern würde, dass eine Webseite barrierefrei ist, würde für die Conversion Rate einen massiven massiven Uplift bringen eigentlich. Und da hoffe ich auch noch nächstes Jahr, dass es da viel viel viel mehr Zahlen gibt, dass sich wirklich große Unternehmen da auch in ihren Ab Tests mal darum kümmern, die Barrierefreiheit zu testen und dass wir da noch viel mehr Argumente kriegen nächstes Jahr, um wirklich auch zu zeigen, dass es für das Geschäft einen sehr positiven Einfluss haben kann, barrierefrei zu werden.

Harald: Wie einschränkend Einschränkungen sein können, merkt man ja erst so richtig, wenn man selber mal eine hat. Ich, bei mir war es letztes Jahr, habe ich mir beim Fahrradsturz die Hand gebrochen und dann mit der Linken versucht die Maustaste zu bewegen und gemerkt wie verdammt, wie verdammt ungewohnt und schwierig das ist. Hattest du auch mal so einen ähnlichen Augenöffner- Moment?

Tobias: In, also ich habe das immer wieder jetzt dadurch, dass ich mit meinen Kunden viel darüber rede und mir viel Gedanken darüber mache, sieht man eben solche Alltagssachen wie jetzt, Ach, es ist super gut, wenn ich, wenn ich die Möglichkeit habe, mir den Text transkribieren zu lassen, wenn er per Audioformat auf mich kommt, ansonsten spontan gesagt, tatsächlich, es gab keinen so wirklichen Augenöffner-Moment, ich bin einfach damals über, in meiner Selbstständigkeit, über Amerika auf das Thema Barrierefreiheit gestoßen, weil es da schon länger Gesetz ist und verpflichtend ist und viele Content Ersteller, die ich zum Thema Wordpress und so weiter, die ich mir angeschaut habe, die haben dieses Thema immer mehr Vorangetragen und somit habe ich dann, bin ich dadurch eigentlich so auf das Thema gestoßen und habe mir angefangen darüber Gedanken zu machen und bin auf sehr spannende Sachen gekommen wie Fokus Zustände, wie wichtig die sind, wenn man auch mit seiner Tastatur durch die Webseite navigiert, das -

Harald: Was sind Fokus Zustände das musst du erklären.

Tobias: Genau das ist ein bedienbares Element, einen Rahmen zum Beispiel um sich rum, damit ich sehe, wo ich mich befinde auf der Webseite. Wenn ihr auf gewisse Webseiten fast, viele, nicht alle, aber wenn ihr auf viele Webseiten einfach jetzt random in eurem Browser aufmacht und da mal versucht mit der Tab Taste durch zu navigieren, werdet ihr bei vielen sehen, dass ihr gar nicht rausfindet, wo ihr euch gerade befindet, weil es einfach keine visuelle Anzeige dafür gibt, auf welchem Element ihr gerade seid. Und somit kam da ein bisschen, solche Sachen sind mir dann immer mehr aufgefallen, als ich angefangen habe mich damit zu beschäftigen. Aber auch tatsächlich habe ich selber einen blinden Cousin und der ist sogar Programmierer und ist da eigentlich der Experte in dem Thema. Aber bevor ich mich selber mit dem Thema beschäftigt habe, haben wir gar nicht so viel darüber geredet. Der ist auch gar nicht so auf dem Trip da den Leuten das unter die Nase zu reiben, dass nichts barrierefrei ist oder sonstiges, sondern ist da eher ganz ganz still für sich damit umgegangen. Und so sind wir eher dadurch, dass ich mich dann für das Thema mehr interessiert habe, mehr in Kontakt gekommen und haben viel darüber geredet und dann hat er mir mal gezeigt, wie er eine Webseite bedienen muss heutzutage und wie das eben das Ganze mit seinem Screen wieder aussieht. Und er ist auch noch zu seiner Blindheit stark hörbehindert und kann zum Beispiel einem Screen wieder gar nicht zuhören. Der hat dann an seiner Tastatur eine sogenannte Braillezeile, das ist eine Zeile, die in Blindenschrift dann praktisch ausgibt, was auf einer Webseite gelesen wird, und da muss er den ganzen Tag mit seinen Fingern hin und her flitzen, um das zu lesen. Das ist auch tatsächlich sehr, sehr körperlich anstrengend, wenn man sich mal sowas anschaut. Aber da, das war also, das ist auf jeden Fall jemand, mal zuzuschauen, wie er einen Screen wieder benutzt in seinem Alltag oder es auch selber mal auszuprobieren, finde ich eines der augenöffnendsten Momente in dieser ganzen Barrierefreiheit, weil man da merkt, wie, schlimm gesagt oder blöd gesagt, aber wirklich wie grauenhaft es ist, für diese Menschen heutzutage Webseiten zu benutzen, wenn sie einfach nicht gut strukturiert sind. Da haben wir, ich sage das auch immer in meinen Workshops gerne, es gibt so ein Kriterium in der WCAG, was die WCAG ist, da kommen wir gleich drauf zu sprechen, da gibt es ein Kriterium, dass Klickelemente groß genug sein müssen. Und ich kann mich so gut in dieses Kriterium reinversetzen, weil selbst wenn ich auf meinem Handy irgendwo draufklicke und Lande, auf einer anderen Seite oder auf einem anderen Button, als ich eigentlich wollen würde, merke ich so innerlich, wieso eine kleine Frustration aufsteigt. Ich glaube, das kennt man ganz oft, wenn irgendeine Webseite oder eine App nicht tut, was man erwartet, dass sie tut, dass man ein bisschen frustriert wird innerlich. Und wenn ich mir jetzt noch vorstelle, in dem Fall dieses Kriterium gibt es unter anderem, weil Menschen einen Tremor haben, das heißt, sie Zittern ganz stark, wenn ich mir auch noch vorstelle, ich zittere und treffe dann immer den falschen Button oder fünfmal und nicht einmal, kann ich mir das sehr, sehr, sehr frustrierend vorstellen. Und wenn man sich das ganze jetzt aber noch mal nimmt oder es ungefähr verzehnfacht, weil Menschen, die eben mit Screenwender unterwegs sind, eher wahrscheinlich zu 20 oder 30% das erreichen, was sie auf einer Webseite erreichen wollen, kann ich mir, kann ich mich so gut reinversetzen, was das für eine eine innerliche Frustration mit sich bringen muss, wenn man die ganze Zeit einfach daran gehindert wird, eine Webseite intuitiv fließend wie auch immer zu benutzen, wie es normalerweise geht, wenn man eben keine Einschränkung hat.

Tatjana: Quick and Dirty Zeit für eine Runde fixe Fragen. Was war denn der Punkt deines Lebens, an dem dir die Bedeutung von Nachhaltigkeit bewusst geworden ist?

Tobias: Wenn man es in der letzten Zeit sieht oder in der kurzen Vergangenheit sieht, dann sind es wirklich Naturkatastrophen, die einem klar machen, wie wichtig es ist, nachhaltig zu sein oder nachhaltig zu leben. Ansonsten bin ich in meinem Leben da eigentlich mehr oder weniger in die Nachhaltigkeit reingewachsen. Das war schon immer ein Mindset, sparsam zu sein und sehr mit dem zu leben, das man hat. Das war, habe ich von meinen Eltern schon mitbekommen, aber auch mein ganzer Freundeskreis ist sehr, sehr nachhaltig geprägt. Deswegen kam das eigentlich schon so als Einstellung mit, würde ich sagen.

Tatjana: Warum glaubst du, dass Nachhaltigkeit und nachhaltige Markenführung in den nächsten Jahren für den Wettbewerb entscheidend sein werden?

Tobias: Ich glaube, das ist einfach eine soziale Einstellung, die gerade da ist und sich ausbreitet, das ja sehr, sehr gut ist. Tatjana: Das Argument, mit dem du auch den ignorantesten Nerd überzeugst, nachhaltiger zu handeln?

Tobias: Ich glaube, eine gute Sache momentan, sich von Nachhaltigkeit zu überzeugen, ist, dass die politische Situation gerade auf der Welt ja sehr gut zeigt, dass es sehr wichtig ist, dass das eigene Land mit dem, was es hat, mit den eigenen Ressourcen sehr gut haushalten muss und damit sehr gut umgehen muss. Und das wird in Zukunft, ich hoffe es nicht, aber es ist ein bisschen wahrscheinlich, dass das auch noch schlimmer werden wird, und deswegen ist es ganz wichtig, unsere eigenen Ressourcen im Auge zu behalten.

Tatjana: Und hast du eine bessere Alternative statt des ausgeleierten Begriffs Nachhaltigkeit?

Tobias: Ich habe mal das Wort Impact Optimierung gehört und das fand ich ganz schön.

Tatjana: Deine Definition von Nachhaltigkeit in einem Satz.

Tobias: Meine Definition von Nachhaltigkeit ist sinnvoll, mit seinen Ressourcen umzugehen und mit den wenigsten Mitteln den größten Impact zu erreichen.

Tatjana: Jetzt mal ganz ehrlich, was ist dein persönlich unnachhaltigstes Produkt oder Angewohnheit? Wo cheatest du?

Tobias: Kaffee, würde ich sagen. Kaffee trinke ich zu viel und zu gerne und die Nachhaltigkeit von Kaffee kann man definitiv in Frage stellen.

Tatjana: Das Gesetz mit Blick auf Nachhaltigkeit, das du schon morgen auf den Weg bringst, solltest du heute Bundeskanzler werden.

Tobias: Wenn ich ein Gesetz auf den weg bringen würde, wäre es eher ein Gesetz zur Abschaffung von mehreren Gesetzen, zur Bürokratieabschaffung, was ich, glaube ich, auch eine sehr nachhaltige Lösung finden würde, weil umso weniger Bürokratie wir haben in gewissen Bereichen, umso weniger Ressourcen müssen wir darauf aufwenden, diese Bürokratie aufrechtzuerhalten und umso mehr können wir da unsere Ressourcen sparen. Auch wenn das Gesetz zur Barrierefreiheit jetzt ein Gesetz ist, das kommt, dass ich sehr, sehr wichtig empfinde für die Leute gibt es, glaube ich, sehr viele Gesetze, die, wo man oder sehr viel, was Bürokratie schafft, momentan, was man ein bisschen eindämpfen könnte, besonders in Deutschland.

Harald: Noch eine Zahl, die ich interessant fand: 4 bis 5% der Einschränkungen sind nur angeboren, lernte ich. Die allermeisten kommen durch n Unfall im Laufe des Lebens oder einfach dadurch, dass man älter wird. Also will heißen, all das was du eben beschrieben hast, vielleicht nicht in der Extremität, wie du sie beschrieben hast, aber Einschränkungen betreffen jede und jeden, früher oder später und was du beschreibst mit den richtigen Klickrahmen zu finden, auf dem ich auch eine Website navigieren kann, bei Sonnenschein draußen auf einem kleinen Handy, wie nervig das ist, hat glaube ich jede und jeder schon mal erlebt und das in Potenzierung hoch 3, gibt es manche Menschen, die das eben tagtäglich sich da durchwuseln müssen, das ist echt nervig. Das Thema Barrierefreiheit, Tobias ist ja jetzt auch ein Mittel das Mitte des Jahres 2025 ein Gesetz in Kraft tritt, kannst du auch das in einfacher Sprache und in Kürze erklären, was es bedeutet, für wen und was sind die wichtigsten Regeln, die jeder und jeder Markenverantwortlich ab jetzt im Kopf haben sollte.

Tobias: Absolut, sehr gerne. Es tritt das Barrierefreiheit Stärkungsgesetz in Kraft, das ist ein absolut nicht barrierefreies Wort, definitiv. Und das, da gibt es viel Drumherum, auf was es weißt, welche gesetzlichen Anforderungen dafür jetzt gelten und so weiter. Wirklich kurz und in einfacher Sprache gefasst, das müssen sich jetzt Unternehmen, also die Privatwirtschaft im Generellen, müssen sich jetzt an die WCAG Kriterien halten. Die WCAG sind die Web Content Accessibility Guidelines, die gibt es auch schon seit 1995 tatsächlich kümmern sich seit da um, alles Mögliche zu tun, um das Internet barrierefrei zu halten. Und mittlerweile gibt es die WCAG 2.2, die hat ungefähr an die 50-55 Kriterien, an die man sich jetzt halten muss, um seine Webseite barrierefrei zu machen. Es gibt 3 Level in der WCAG, ganz kurz, das Level A, das Level Doppel A und das Level Triple A. Das Level Triple A ist ausgenommen, man muss sich also wirklich nur um Level A und Doppel A kümmern und das, Kriterien die darunter fallen, zum Beispiel die vielleicht jeder kennt oder schon mal gehört hat, sind, dass Bilder einen Alternativtext haben müssen. Also alle Bilder auf der Webseite, die ja für zum Beispiel blinde Menschen definitiv nicht zu sehen sind, die brauchen eine Text Alternative entweder im Bild oder neben dem Bild, um zu beschreiben, was in diesem Bild zu sehen ist.

Harald: Vor allem ein Screenreader, damit ich nur verstehe, der Screenreader einem blinden Menschen vorlesen kann, ich sehe jetzt gerade einen Designer, der vor einem WCAG Poster sitzt und erzählt.

Tobias: Genau, genau.

Harald: Das macht der Alttext.

Tobias: Genau das macht der Alttext. Ansonsten Farbkontraste sind ein riesiges Thema, weil es jetzt eben die Kriterien gibt, die sagen, dass Farben gewisse Kontraste einhalten müssen. Es sagt euch vielleicht nichts, wenn ihr noch nie davon gehört habt, aber es muss der Farbkontrast von 4,5 zu 1 eingehalten werden für jetzt Schriften auch Hintergrund, da gibt es Tools mit denen man das checken kann. Aber das ist natürlich, stellt jetzt einige Brands in Frage, ob sie jetzt anfangen müssen, ihre kompletten Farben, ihr komplettes Branding umzustellen. Jein, würde ich dazu sagen, da es, es gibt eine Ausnahme, die sagt, dass die Farben nicht angepasst werden müssen, allerdings muss dann auf der Webseite ein Knopf bereitgestellt werden, den man betätigen kann und dann eben den richtigen Kontrast einstellen kann. Also man müsste in der Theorie seine Farben nicht anpassen, sondern könnte es über eine technische Lösung regeln, dass die Farben dann einen High Contrast Mode zum Beispiel haben und man die Webseite sich so anschauen kann. Allerdings ist das etwas, was wir nicht empfehlen, weil dann hat man ja nur einen Touchpoint damit barrierefrei gemacht, wenn man jetzt eine App hat oder wenn man sich auf Social Media bewegt oder auch selbst wenn man Außenwerbung macht und so weiter ist es halt alles etwas, was dann nicht konsistent die Barrierefreiheit in der Marke widerspiegelt und wenn man wirklich Erfolg mit Barrierefreiheit haben will, nicht nur im Sinne von, man ist jetzt gesetzestreu, sondern auch man zeigt ein positives Markenimage damit und zeigt eben seine soziale Verantwortung auch und dass man die auch übernehmen will, dann würden wir sehr empfehlen sich seine Marken, seine Farben entweder anzupassen oder es gibt wirklich auch smarte Wege, die man gehen kann, um jetzt nicht wirklich seine Farben anpassen zu müssen. Nur die Kombination von Farben, muss man halt dann aufpassen, dass der richtige Kontrast eingehalten wird und so weiter. Aber definitiv würden wir empfehlen, kümmert euch darum, eure Web, euren Auftritt komplett barrierefrei zu machen und sucht da eher nach smarten Wegen, wie ihr mit euren Markenfarben umgehen könnt. Ansonsten noch ganz kurz zum Thema, wen es denn jetzt eigentlich betrifft. Also es gibt eine Ausnahme für Kleinstunternehmen. Als Kleinstunternehmen zählen Unternehmen, die mehr, Quatsch, als Kleinstunternehmen definiert sind, Unternehmen, die weniger als 10 Mitarbeiter haben und weniger als 2.000.000,00€ Umsatz machen. Das heißt, wenn man über eine dieser Grenzen drüber kommt, das heißt, man hat entweder mehr als 10 Mitarbeiter oder man macht mehr als 2.000.000€ Umsatz, dann ist man von diesem Gesetz betroffen und muss sich um die digitale Barrierefreiheit eben kümmern. Wenn man drunter ist, also als Kleinstunternehmen gilt, muss man nichts tun, aber da ist natürlich auch wieder die Sache, wenn man jetzt 8 Mitarbeiter hat und kurz vor den 10 ist, dann sollte man sich vielleicht trotzdem drum kümmern, weil sonst ist es ein wirklicher Wachstumsblocker, wenn man dann hinkommt und plötzlich merkt okay, wir wollen jetzt eine Person einstellen, aber um sie einzustellen, müssen wir erstmal unseren ganzen Shop barrierefrei machen. Wird wahrscheinlich, ist nicht der nachhaltigste Weg, um das ganze Thema anzugehen. Deswegen würde ich auf jeden Fall empfehlen, sich auch schon frühzeitig darum zu kümmern. Ansonsten was kann man noch dazu sagen? Ja es gilt hauptsächlich, oder nur , nicht hauptsächlich, es gilt ausschließlich, eigentlich, für den B2C Bereich, also es ist nur das Thema Business to Customer davon betroffen B2B ist vollkommen ausgenommen, weil im Kern ist das Barrierefreiheit Stärkungsgesetz ein Verbraucherschutzgesetz und ist deswegen, kümmert sich nur um Verbraucherverträge und Verbraucherverträge werden eben nur mit Privatpersonen oder Endkonsumenten geschlossen und nicht zwischen Businesses.

Harald: Und wenn ich als Unternehmen nun natürlich eine Website habe, vielleicht sogar einen Webshop im B2C Bereich, muss ich denn zur Mitte nächsten Jahres, 2025, ihn barrierefrei gestaltet haben? Oder gilt das, sprechen wir sozusagen von Neugestaltungsprojekten, wenn ich 2026 ohnehin alles neu, mein Branding neu aufstellen will? Soll ich es dann barrierefrei machen? Habe ich bis dahin Zeit oder fällt das Beil zur Mitte 2025?

Tobias: Das Beil fällt zur Mitte 2025, da muss tatsächlich der ganze Shop, egal wie lange schon existiert, barrierefrei sein, bis dahin.

Harald: Und was passiert, wenn man Auflagen übersieht oder schlichtweg nicht schafft, jetzt sie bis mit des Jahres umzusetzen, gibt es tatsächlich Kontrollen und gegebenenfalls Strafen, abgesehen davon, wir haben darüber gesprochen, ist es sowieso sinnvoll es zu tun, aber wenn wir jetzt mal beim rein juristischen bleiben, wie sieht das aus?

Tobias: Ja, es gibt die Marktüberwachungsbehörden, beziehungsweise bald gibt es nur noch eine, die werden gerade konsolidiert, glücklicherweise zu einer Marktüberwachungsbehörde und die ist dafür zuständig, das auch zu testen, die Barrierefreiheit von Webseiten. Die können dann auch Menschen mit Behinderung haben, dann die Möglichkeit zu sagen, ich bin jetzt auf dem Shop X Y unterwegs, dieser Shop ist nicht barrierefrei und deswegen melde ich den bei der Marktüberwachungsbehörde und diese checkt dann eine Website auf Barrierefreiheit. Wie genau das aussieht, also wie die Tests aussehen, das ist relativ klar. Die haben ein gewisses, einen gewissen Kriterienkatalog, den sie dann abtesten werden, ob die Website barrierefrei ist. Allerdings ist es noch leider super, super unklar, gesetzmäßig, wie dann wirklich die Rechtsprechung sein wird, weil das Gesetz noch nicht da ist. Ob man dann sagen kann, ihr werdet jetzt, kriegt eine Abmahnung, weil ihr 5 Kontraste nicht erfüllt oder 3 Alternativtexte nicht habt. Kann sein, ich hoffe nicht, dass es so ist. Ich hoffe eher, dass es wirklich dann auch logisch ist und dass die Leute sagen, okay, die Person hat jetzt wirklich nicht die Möglichkeit mit der Tastatur auf euren Schuh auszuwählen und sich die Farbe auszuwählen und den zu bestellen und euren Checkout Prozess zu benutzen, deswegen ist es hier einfach nicht möglich bei euch zu bestellen und darum seid ihr, werdet ihr abgemahnt oder sonstiges. Aber, genau da ist es eben super, super schwierig zu sagen, wo dann da die Grenze gezogen wird, ob man jetzt jedes Kriterium haargenau erfüllen muss oder nicht. Ehrlicherweise, ich kenne keine Webseite, egal wie lang sie schon behauptet, barrierefrei zu sein, die komplett barrierefrei ist. Man findet immer irgendwelche kleinen Fehler. Fehlt mal ein Alttext, fehlt mal irgendwo eine Beschriftung eines links oder eines Buttons oder Sonstiges. Also es gibt immer wieder irgendwelche Probleme, deswegen kann ich mir das nicht vorstellen. Was ich auf jeden Fall jedem sehr stark empfehlen würde, man redet darüber, wie das dann schlussendlich aussieht oder nicht, weiß man noch nicht ganz, aber man hat natürlich Angst vor diesen Abmahnanwälten, die jetzt wieder kommen und versuchen, sich da irgendwie einen Reibach zu machen, weil neues Gesetz da ist, das natürlich alle auf dem Schirm haben. Ob die dann so automatisierte Testtools über die Webseite laufen lassen und dann eben rausfinden du, es gibt hier 20, Kontrastfehler und eben es fehlen 10 Alttexte und 3 Links sind nicht richtig benannt. Ob sie dann sagen, da schreibe ich jetzt einfach meine Mahnung raus und verlange von irgendwem 200€ dafür und hoffe, dass der das einfach nicht weiter verfolgt, sondern das Geld zahlt, davor hat man momentan natürlich ein bisschen Angst, dass solche Abmahnwellen wieder stattfinden. Ist auch die Frage, ob das überhaupt so kommen wird. Aber ich würde auf jeden Fall jedem empfehlen, dass er sich so Testtools, wie es gibt von Wave ein Testtool, es gibt von xdev tools ein Testtool. Es gibt ganz viele automatisierte Test-Tools mittlerweile, dass man da einfach mal 2,3 mal über seine Webseite drüber laufen lässt und dann guckt, was für Fehler da rausgeworfen werden und diese Fehler dann behebt. Die sind meistens ganz einfach zu beheben. Aber das ist mal der Grundstein, dass man zumindest nicht von solchen Abmahnanwälten verklagt wird oder zumindest die Chance sehr stark sinkt, dass man von diesen abgemahnt oder verklagt wird. Ansonsten bei der Marktüberwachungsbehörde noch dazu zu sagen: die machen dann eigentlich einen Test von der Webseite und sagen dann, hier ist ein Testbericht und du hast 1, 2, 3 Wochen, Monate keine Ahnung, weiß man auch noch nicht ganz, Zeit das zu beheben und wenn du das nicht tust, dann kriegst du eben eine Strafe dafür. Also es ist eigentlich auch, zumindest sagt man das momentan auch so, wie gesagt, das ist noch nicht alles in Stein gemeißelt, aber man behauptet zumindest, dass sie auch nicht sofort eine Strafe aussetzen, zumindest wenn sie sehen, du hast dich schon um Barrierefreiheit gekümmert, du bist auf dem Weg, du machst irgendwas, aber es gibt halt noch 3-4 Barrieren auf deiner Seite, dass die sagen, du hast jetzt noch eine gewisse Zeit Zeit von 3 Wochen oder sonstiges und wenn du es halt bis dahin nicht tust, dann drohen dir irgendwelche Strafen. Und diese Strafen können bis zu 100.000€ sein, im schlimmsten Fall, wenn man die ganze Sache komplett ignoriert, hat die Marktüberwachungsbehörde tatsächlich dann auch das Recht zu sagen, dein Online Shop darf gar nicht mehr existieren, du darfst gar nicht mehr weiter darüber verkaufen. Aber da würde ich auch behaupten, das ist mehr Angstmacherei, also da muss man wahrscheinlich wirklich komplett ignorieren, was sie einem sagen und einfach das Gesetzt links liegen lassen und dann kann es wahrscheinlich mal dazu kommen. Aber das ist sehr wahrscheinlich ein Ausnahmefall, dass das überhaupt passieren wird.

Harald: Für alle, die sich jetzt auf den Weg machen wollen, ihr habt ja eine sehr gute Übersicht über die WCAG Kriterien erstellt, die packen wir in die Show Notes, genauso gibt es von euch, von Gehirngerecht digital einen Plan zur Barrierefreiheit, auch den findet man in den Show Notes. Tobias, du schulst ja eine Menge Menschen zurzeit zum Thema Barrierefreiheit, unter anderem uns bei Strichpunkt Design, kann man nur wärmsten empfehlen, sich bei euch mal einzuchecken. Was sind denn die häufigsten Fehler, die Unternehmen jetzt machen, auch vielleicht die, die jetzt alles richtig machen wollen? Was sind so Take Aways, die du deinen Workshop Teilnehmern mit auf den Weg gibst, die jetzt in den noch verbleibenden Wochen, Monaten Richtung Barrierefreiheit unterwegs sein wollen.

Tobias: Also erstmal natürlich, sich gar nicht drum zu kümmern ist das größte Problem, was wir immer noch bei vielen sehen, dass sie einfach ignorieren. Also auch wir sind immer wieder fasziniert, dass teilweise Leute auf uns aufmerksam werden, oder von denen wir hören, die eigentlich auch relativ große Unternehmen sind und sich bisher noch gar nicht darum gekümmert haben. Somit, das ist definitiv überhaupt mal anzufangen, sich mit Barrierefreiheit auseinanderzusetzen, ist der erste Schritt. Und dann ist es, wenn sie anfangen, man muss schon verstehen, Barrierefreiheit sagen wir immer gerne, ist wie das neue Responsive Design. Die ganze Firma oder das ganze Produktteam ist davon betroffen und der Designer, der Entwickler, der Content Ersteller, alle müssen sich um dieses Thema kümmern und ihren kleinen Teil damit beitragen, damit es schlussendlich auch ein barrierefreies Produkt wird und dadurch, dass es ja das Gesetz gibt oder das kommt, ist Barrierefreiheit auch kein Projekt, das man eben zu Ende machen kann. Sondern Barrierefreiheit ist etwas, was sich in immer wieder jetzt in jedem Projekt, das man hat, durchziehen wird, oder das Aufkommen wird, und deswegen ist Barrierefreiheit schon mehr oder weniger auch ein Change Prozess, den man anstoßen muss in Teams. Und deswegen, ganz oft ist halt eine Firma dann so wie, ja wir haben jetzt mal eine Person, die setzen wir mal drauf an und diese eine Person wird es dann schon regeln. Aber die ist dann meistens auch relativ schnell überfordert oder genervt oder sonstiges, weil es dann ihre Aufgabe ist, den Rest davon zu überzeugen, warum jetzt Barrierefreiheit wichtig ist und man es mehr oder weniger so auf die leichte Schulter nimmt und dann eher denkt, ja, eine Person kann es schon machen und schaffen. Aber es ist eben jeder im Team, muss wissen, was er jetzt tun muss, um das ganze barrierefrei zu kriegen, deswegen sollte man sein Team dafür schulen, man kann nicht einfach sagen, es gibt jetzt eine Person in unserem Unternehmen, die ist dafür verantwortlich und die sorgt schon dafür, dass alles barrierefrei ist. Also es ist wirklich der Wille, im Team da sein und in der Firma das jetzt auch anzugehen und umzusetzen. Dann macht man sich am aller, aller, aller leichtesten, das ist wirklich so das, was wir sagen können, dass wenn das Team mit an Bord ist und da auch Lust drauf hat, das zu machen, dann hat man es am leichtesten.

Harald: Es gibt ja so einfachere Lösungen, vermeintlich einfache Lösungen, diese Accessibility Overlays, also so Tools, die auf Knopfdruck Barrierefreiheit zu schaffen versprechen. Würdest du mir raten, mir so einen zuzulegen?

Tobias: Nein. Das ist auch leider so ein bisschen, es gibt diese Tools und man kann argumentieren oder nicht, ob sie ihre Daseinsberechtigung haben, allerdings machen sie eine Webseite nicht barrierefrei. Wenn man sich so ein Tool auf diverse Webseite macht, dann hat man eben dadurch den Code nicht verändert und kann den Code auch dadurch nicht verändern, somit wenn es nicht möglich ist ein Dropdown mit der Tastatur zu öffnen, sondern so nur mit Hover zu öffnen, dann kann dieses Tool auch nicht dabei helfen, das barrierefrei zu machen. Solche Tools können solche Sachen machen wie die Farbkontraste auf der Webseite umschalten, aber es gibt, auch da ist es besser, eigentlich selber so einen, so einen Kontrast Button einzubauen und die Kontraste umzudrehen, weil wirklich dieses Tool es drauf zu haben, teilweise machen diese Tools mehr Barrieren als sie wegnehmen, tatsächlich, weil sie dann eben auch nicht mit Screenreader zu bedienen sind und sonstiges. Und auch so ist viel, die Leute, die wirklich darauf angewiesen sind, dass sie Sachen brauchen, wie die Schrift zu vergrößern, die Farben umzustellen, sich etwas vorlesen zu lassen auf einer Webseite, die haben ihre assistiven Technologien oder die Wissen, wie sie ihre eigene Systemeinstellungen so einstellen, dass sowas automatisch passiert. Das heißt, diese Tools sind eigentlich für Menschen, die wirklich darauf angewiesen sind, komplett überflüssig und unnötig, weil die selbst schon, die wissen, was sie tun müssen und die Tools haben, um sowas zu machen. Dann gibt es die Argumentation, dass die für ältere Menschen vielleicht hilfreich sind, die sich dann die Schrift auf der Webseite vergrößern wollen oder sonstiges. Aber wenn ihr mal so eine Webseite findet mit so einem Tool darauf und das mal öffnet, die haben ungefähr 14 Funktionen die man da machen kann und da kann mir wirklich auch niemand erzählen, dass eine ältere Person, die so Schwierigkeit hat auf einer Webseite sich zurechtzufinden, dieses Tool aufmachen kann, dann versteht, was dieses Tool von einem will und sich dann die richtigen Einstellungen zurecht baut oder macht. Also, ich sehe wirklich keinen Nutzen davon. Es gibt immer wieder Leute, die mit ein paar Argumenten kommen, aber tatsächlich von der Europäischen Union und vom Bund selber gibt es Statements dazu, dass diese Tools keinen wirklich großen Nutzen haben. Somit kann man sich da auch gerne nochmal selber einlesen und da auch offizielle Statements dazu finden, warum die sehr kritisch gesehen werden.

Harald: Vorletzte Frage. Wenn jetzt nun ein Unternehmen das Projekt Barrierefreiheit aufsetzt und hoffentlich das ganze Team mitnimmt, wann ist denn dieses Projekt eigentlich beendet?

Tobias: Eben nie. Natürlich, also es ist eben so, dass Barrierefreiheit natürlich, es gibt jetzt diese, es gibt diese Kriterien, an die man sich halten muss, das sind aber auch ehrlich gesagt die Grundlage für die Barrierefreiheit. Damit ist man zwar recht, genau das ist die Basis. Damit ist man zwar rechtssicher schlussendlich und kann sagen okay, wir haben es jetzt geschafft, dass wir nicht verklagt werden, aber wenn man sich wirklich darum kümmern will, eine gute User Experience für Menschen mit Behinderung zu schaffen, dann kann man noch ganz, ganz, ganz, ganz viel darüber tun. Das ist ja wirklich, wenn wir uns die WCAG anschauen oder das Ganze, was jetzt mit der Barrierefreiheit passiert. Wir haben eine Webseite und diese Webseite ist nicht bedienbar für gewisse Einschränkungen und deswegen haben wir die WCAG entwickelt, um solche Sachen bedienbar zu machen. Aber eigentlich, was wir tun ist, wir haben eine eine Art von Plattform, die funktioniert für viele Menschen, aber nicht für alle, deswegen stülpen wir jetzt Kriterien darüber, um sie für alle bedienbar zu machen. Wahrscheinlich wenn man sich mit blinden Menschen intensiv auseinandersetzen würde oder auch mit Menschen mit motorischen Einschränkungen, aber herausfinden würde, was bräuchten die eigentlich wirklich, dann hätte man am Ende vielleicht gar keine Webseite, sondern man hätte irgendwas anderes, was für sie optimal wäre. Somit tatsächlich, wenn man hier auch in das Thema reingehen will und sich viel mit den Usern beschäftigt und rausfinden was für sie usable ist, was für sie wichtig eigentlich ist in so einer Onlinewelt würde man auch auf ganz andere Sachen kommen als die Kriterien, die man jetzt hat. Und das ist ja auch ein schöner Punkt, wo man immer wieder behauptet in der Barrierefreiheit, dass es auch zu Innovationen führen kann, dass man dadurch, dass man sich wirklich mit Menschen auseinandersetzt, mit Nutzergruppen, mit denen man sich noch nicht so auseinandergesetzt hat, dass es definitiv neue Ideen geben kann, neue Features, die dadurch kommen, wie jetzt zum Beispiel das Beispiel von Apple vorhin wieder genannt, ist etwas, was ja eine Innovation ist, die es so noch gar nicht gibt, die man dadurch vielleicht anstoßen kann. Also Apple ist -

Harald: Triggert Kreativität so ein bisschen, ja?

Tobias: Ja, absolut. Und da ist Apple auch ein richtig, richtig gutes Beispiel. Die haben super viel in ihre Hardware integriert, mittlerweile was an Barrierefreiheit Funktionen da ist, kann man sich sehr sehr schön auf der Apple Seite unter ihrem Barrierefreiheit Punkt informieren, was die eigentlich alles zur Verfügung stellen mittlerweile schon und an was die Arbeiten, von dem man eigentlich gar nicht weiß, was alles schon möglich ist auch mit seinem Handy, weil man sich damit noch nie auseinandergesetzt hat, was die Hardware eigentlich kann und auch was es einem selber bringen könnte, wenn man sich da intensiver damit auseinandersetzt.

Harald: Also freuen wir uns nicht nur über barrierefreie Touchpoints, sondern auch über die kreativen Lösungen, oft mit den Agenturen, Marken und Unternehmen um die Ecke biegen. Tobias, vielen Dank für das tolle Gespräch.

Tobias: Vielen lieben Dank dir. War schön hier zu sein.

Harald: Sustainable Brand Stories ist Teil des Brand 1 Podcast Netzwerks und damit eines Netzwerks unabhängiger Business Podcasts. Wir machen Wirtschaft erleb und hörbar. Mit dabei sind zum Beispiel Subscribe Now. Hier stellt Lennart Schneider Konzepte vor, mit denen ihr Abonnent:innen gewinnen und glücklich machen könnt. Um digitale Geschäftsideen geht es im Podcast digitale Optimisten mit Alexander Mrozek. Im Planetary Podcast wiederum diskutieren Brand 1 Host Frank Dahlmann und Fridjof Detzner von Planet Aventures über Wirtschaft in planetaren Grenzen. Alle Podcasts findet ihr auf Podcasts. Brandeins.de, Brand 1 als Wort ausgeschrieben. Schaut hier doch mal rein und hört vor allem rein, denn langweilig, das können wir versprechen, wird es nie.

Tatjana: Vielen Dank fürs Zuhören. Für weitere Infos, schaut gerne in die Shownotes und abonniert den Podcast, um keine Folge zu verpassen.