Die 5 Prinzipien

nachhaltiger Markenführerschaft

Erfolgreiche Marken vermitteln selbst komplexe Nachhaltigkeitsthemen auf begeisternde Art und Weise. Viele tun es, indem sie fünf essenzielle Prinzipien befolgen.

Von Inken Barz, Senior Art Director Strichpunkt, und Tobias Nusser, Creative Director Strichpunkt

Überzeugende Nachhaltigkeitskommunikation beginnt für Unternehmen mit der Bereitschaft, sich wirklich substantiell mit Nachhaltigkeit auseinanderzusetzen. Diese Haltung muss in Vision, Mission und Werten der Marke Einzug halten, denn glaubwürdige Markenkommunikation basiert immer auf überzeugenden Werten.

Damit startet aber erst der eigentliche Teil der Arbeit: Wie kommuniziert eine Marke das Thema Nachhaltigkeit so, dass es ihre Stakeholder berührt und motiviert? Wie kann sie überhaupt erst einmal Aufmerksamkeit generieren? Und wie bleibt sie bei alledem glaubwürdig? Unsere Antwort: Nur, weil Nachhaltigkeit ein ernstes Thema ist, muss sie nicht so nüchtern-todernst kommuniziert werden, wie es leider vielfach der Fall ist. Das Thema soll Spaß und Lust auf mehr machen. Und das Wichtigste dabei: Nicht auf Perfektion warten, sondern einfach anfangen. Besser heute als morgen.

Wie kreativ und gleichzeitig glaubwürdig sie sein kann, zeigen wir anhand fünf beispielhafter Marken und Grundsätze.


01

Fokussiert bleiben:

Vom Produkt zum Thema

Wer Themen setzen will, muss sie zu seinem eigenen Thema machen. Und auf diese Art klarmachen: Uns geht es um mehr als schlichtes Hardselling. the female company tut dies auf sehr überzeugende Weise. Das Start-up stellt Periodenprodukte her, aber wer ihnen folgt, könnte meinen, es handele sich um eine NGO. Denn the female company kommuniziert konsequent und umfassend zu Themen wie der Periodenarmut in Indien oder der Frage, welche Farbe eigentlich Menstruationsblut haben kann, tut das Ganze aber mit viel Humor und ohne erhobenen Zeigefinger. Auf diese Art erobert die Marke die Themenführerschaft rund um Weiblichkeit, Menstruation und Gleichberechtigung und verkauft „nebenbei“ recht erfolgreich entsprechende Produkte. Und zwar nicht trotzdem, sondern gerade deswegen.

The Female Company



02

Ehrlich währt am längsten:

Vom Ergebnis zum Prozess

Viele unserer Klient:innen leisten in puncto Nachhaltigkeit Beachtliches, trauen sich aber nicht, davon zu erzählen. Kundenzitat: „Wir haben ja noch längst nicht alles erreicht, was wir uns vorgenommen haben.“

Das muss auch niemand. Nachhaltigkeit ist kein Endzustand, sondern eine Reise, auf der man unterwegs ganz ehrlich von seinen Fort- und Rückschritten erzählen sollte – so, wie es die dänische Hautpflegemarke Nøie tut. Diese leitet ihren Impact Report mit den Worten ein: “And while we made a lot of progress in 2021, you can also read about where we have failed and where we need to do better in the future.”

All das präsentiert Nøie möglichst nachvollziehbar und eingängig. Zum Beispiel mit einer Datengraphik/Infographik wie dieser, die ein so komplexes Thema wie den CO2-Fußabdruck der Marke veranschaulicht.

Hautpflegemarke Nøie



03

Warum so ernsthaft?

Von grün zu bunt

Wer sagt denn, dass Kommunikation um ein ernstes Thema auch immer todernst sein muss? Um im Gedächtnis zu bleiben, müssen Botschaften vor allem überraschen. Das bedeutet: nachhaltige Kommunikation kann auch positiv und humorvoll daherkommen.

Zum Beispiel Oatly: Die Milchalternative beweist sehr anschaulich, was sich mit einem kreativen, humorvollen und vor allem mutigen Markenauftritt erreichen lässt. Nachdem die schwedische Molkereiindustrie Oatly untersagte, sich als Milchalternative zu bezeichnen, veröffentlichte Oatly die Klage online und in Anzeigen. Mit dem Slogan, gegen den in Schweden geklagt worden war, bespielte Oatly dann in Großbritannien quasi sämtliche verfügbaren Werbeflächen. Auch dank solcher spektakulärer Aktionen wuchs der Umsatz binnen weniger Jahre von 20 auf 200 Mio US-Dollar.

Oatly



04

Nimm’s persönlich:

Von Anonymität zu Authentizität

Achtung, Binse: Nichts interessiert Menschen mehr als andere Menschen! Auf diesem Prinzip basiert Social Media. Für die Vermittlung von Nachhaltigkeitsthemen, die häufig komplex, meistens abstrakt und tendenziell auch ein wenig langweilig sind, kann es enorm wertvoll sein. Denn durch authentische Botschafter mit einer klaren Haltung erhält Sustainability eine Stimme und ein Gesicht.

Ein besonders präsentes ist jenes von Antje von Dewitz, die 2009 die Geschäftsführung des Outdoor-Ausstatters vaude übernahm und dort zur Gallionsfigur des nachhaltigen Unternehmensumbaues avancierte. Geschafft hat es Antje, indem sie von Anfang an Werte wie Transparenz und Vertrauen vertrat und ehrlich über Errungenschaften wie auch Probleme sprach. Und zwar nicht nur auf den eigenen Kanälen, sondern auch in Podcasts, Interviews und vielbeachteten Impulsvorträgen.

VAUDE



05

Wertebasiert:

Von der Kampagne zur Kontinuität

Jede Nachhaltigkeitskommunikation kann immer nur so gut sein wie die Unternehmensrealität, für die sie steht. Umgekehrt kann sie ein kraftvoller Booster für die Transformation sein, vor der viele Unternehmen gerade stehen. Ein Erfolgsbeispiel ist der dänische Energieversorger DONG (für Danish Oil and Natural Gas) der noch vor wenigen Jahren sein Geld mit fossilen Energieträgern verdiente. 2017 entschied sich DONG, Öl und Gas komplett den Rücken zu wenden, auf Erneuerbare Energien zu konzentrieren und den Wandel mit einer komplett neuen Marke zu begleiten. Das Unternehmen benannte sich in Ørsted (nach einem dänischen Physiker aus dem 18./19. Jahrhundert, der die Elektrizitätslehre mit entwickelte) um und gab sich ein freundliches, offenes, sympathisches Corporate Design. Dank seines fundamental wertebasierten Umbaus ist Ørsted heute nicht nur der nachhaltigste Energieversorger der Welt, sondern auch eine extrem populäre Marke.

Orsted



Ohne Zweifel: die Umsetzung dieser Prinizipien ist sehr ambitioniert. Andererseits ist die Welt voller Marken, die mit ihrer Nachhaltigkeitskommunikation Schiffbruch erleiden, weil es ihnen an Ambition fehlt. Weil ihre Kommunikation gut gemeint, aber nicht gut gemacht ist. Weil sie zu erziehen versucht, anstatt zu bewegen und zu begeistern. Oder weil – das spiegeln uns viele Kund:innen – Unternehmen Angst haben, sich mutig zu exponieren.

„Jedem ist bewusst, dass nichts perfekt ist“, sagt Antje von Dewitz, die ihr Familienunternehmen in zehn Jahren zum nachhaltigen Markenführer umgebaut hat. „Und wenn man versucht, erst dann zu kommunizieren, wenn alles perfekt ist, wartet man ewig. Denn diesen Zustand erreicht man nicht”.


Die Autoren

Inken Barz ist Senior Art Director, Tobias Nusser Creative Director bei Strichpunkt Design. Die Stuttgart-Berliner Agentur begleitet Marken bei ihrer nachhaltigen Transformation.





Let's talk

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Harald freut sich auf einen lockeren Austausch. Einfach eine kurze Nachricht an h.willenbrock@sp.design schreiben.

Harald Willenbrock

Head of Concept & Content